Haben Sie schon davon gehört, dass eine Schule einen Schulhund hat? Wussten Sie, dass ein Schulhund den Kindern hilft, sich besser zu konzentrieren, das Selbstwertgefühl zu stärken, die sozialen Kompetenzen zu verbessern, Empathie zu fördern und die Motivation zum Mitmachen sowie Lernen zu steigern? Unsere Vorschullehrerin, Michaela, stellte 2021 ihr Konzept für einen Schulhund vor. Zwei Jahre später ist Nala, unsere australische Labradoodle-Schulhündin, die beliebteste Begleiterin unserer Vorschulklasse geworden.
Es war die Verknüpfung mehrerer Erfahrungen. Ich bin in Südafrika aufgewachsen, hatte Hunde und liebte Tiere über alles. Und so wollte ich eigentlich immer mit Tieren arbeiten. Als ich dann jedoch im Alter von 16 Jahren in die Schweiz zog, beschloss ich, meiner anderen Leidenschaft zu folgen – der Arbeit mit Kindern. Ich begann eine Ausbildung zur «FaBe», Fachperson Betreuung mit Fachrichtung Kinderbetreuung. Gleichzeitig beschäftigte ich mich mit hundegestützter Therapie und Hippotherapie (Therapie mit Pferden) und sammelte einige Erfahrungen in diesem Bereich. In Kombination mit meiner Erfahrung als Lehrerin hatte ich das Gefühl, dass Kinder von zusätzlicher Unterstützung profitieren könnten, da einige von ihnen mit Herausforderungen in ihrer Entwicklung oder ihren sozialen Kompetenzen konfrontiert waren. Ich war überzeugt, dass ein Hund für Tandem IMS eine grossartige Ergänzung sein kann und unsere tolle Arbeit zusätzlich positiv bestärken kann.
Tiere werden seit vielen Jahren in verschiedenen Therapiemethoden zur Unterstützung eingesetzt. Wenn Tiere auf diese Art im psychologischen und medizinischen Bereich eingesetzt werden, spricht man von «tiergestützter Therapie». Beispiele für solche Therapien sind Hippotherapie, Schwimmen mit Delfinen und Hausbesuche mit Tieren wie Hunden, Katzen, Hasen etc.
«Tiergestützter Unterricht» ist die Integration eines Tieres in ein pädagogisches Umfeld. Das Tier spielt die Rolle eines unterstützenden und begleitenden Mediums in der Erziehung und Entwicklung von Kindern.
Nala ist ein australischer Labradoodle. Diese sind als familien- und kinderfreundliche Hunde bekannt. Zudem ist das hypoallergene Fell ideal, d.h. australische Labradoodles haaren nicht.
Nala wurde im April 2022 geboren und wiegt derzeit 6 Kg. Sie lernt gerne neue Menschen und Hunde kennen, ist mutig und neugierig. Letzten Sommer lernte sie schwimmen, sich in Menschenmassen aufzuhalten, mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu fahren und absolvierte den Welpenkurs.
Nala hat, wie erwähnt, letzten Sommer den Welpenkurs absolviert. Danach folgte der Junghundekurs. Wenn Nala etwa 1 Jahr alt ist, wird sie die obligatorische Schulbegleithund-Ausbildung machen. Nach erfolgreichem Abschluss dieser Ausbildung kann sie abwechslungsreicher und gezielter in den Schulunterricht eingebunden werden. Im Moment gewöhne ich sie an die Schulumgebung. Sie lernt die Kinder und ihr Verhalten kennen. Dinge wie zum Beispiel der freudige Aufschrei, wenn Kinder aufgeregt sind, oder ihr Weinen, wenn sie traurig sind. Zudem finden natürlich erste Interaktionen zwischen den Kindern und Nala statt: Die Kinder geben ihr Leckerli, streicheln sie sanft, nehmen sie in ihren Kreis auf oder spielen draussen «Stöckchen holen» mit ihr. Nala lernt also dazu und verknüpft so positive Erfahrungen mit den Kindern.
Das Schulbegleithund-Training wird mir dabei helfen besser zu verstehen, wie ich Nala in unser Schulleben integrieren kann. Die Ausbildung dauert zwischen 4 und 10 Monaten. Nach Abschluss dieser Ausbildung wird Nala Unterrichtsstunden mit unseren Vorschüler*innen, die zwischen drei und vier Jahre alt sind, vielfältiger begleiten können.
Eine Begleitung könnte zum Beispiel so aussehen: Im Klassenraum stehen verschiedene Kegel, unter diesen befinden sich Bilder. Ich würde Nala das Signal geben, einen der Kegel hochzuheben, und die Kinder müssten dann den Namen dieses Bildes rufen und zudem Wörter nennen, die sich auf dieses Bild reimen. Es wurde nachgewiesen, dass bei gemeinsamen Aktivitäten mit einem ausgebildeten Schulhund Kinder viel konzentrierter und motivierter lernen.
Ausgebildete Schulhunde einzuführen (von der Kita bis zur weiterführenden Schule), ist ein relativ neues Konzept. Aber das Interesse wächst, da Studien die positiven Auswirkungen des Kontakts mit Tieren auf die Entwicklung von Kindern von klein auf zeigen. Natürlich gibt es auch einige Bedenken der Schulen. Diese beziehen sich im Allgemeinen auf Beissen, Allergien und Ängste. Daher ist es unter anderem wichtig, Kindern beizubringen, die Körpersprache eines Hundes zu verstehen, die Grenzen des Hundes zu respektieren und auch ihre eigenen Grenzen zu erkennen. Es ist wichtig sicherzustellen, dass ein Kind bereit ist, sich einem Hund zu nähern, und wenn dies nicht der Fall ist, das Vertrauen sehr langsam aufzubauen. Allgemein ist eine sehr starke Bindung zwischen mir, dem Hundehalter, und dem Hund entscheidend für einen erfolgreichen Schulhund. Das bedeutet auch, dass jede Interaktion zwischen Nala und den Kindern nur in meiner Anwesenheit stattfindet.
Ein Schulhund ist hilfreich, um Kinder dabei zu unterstützen, Beziehungen aufzubauen, die Kommunikation zu fördern und Empathie zu erfahren. Auch ängstlichere Kinder können durch das ruhige Verhalten eines Schulhundes positive Erfahrungen sammeln.
Ich kann beobachten, wie allein Nalas Anwesenheit Ruhe in den Klassenraum bringt. Gleichzeitig sind die Kinder begeistert und motiviert. Eine entspannte Atmosphäre ist eine wichtige Grundlage für das Lernen. Der hundegestützte Unterricht trägt zu einer besseren Konzentration und Ausdauer bei und lehrt Kinder, die Bedürfnisse anderer zu erkennen und zu akzeptieren. Die Kindern lernen, Verantwortung zu übernehmen, sie entwickeln mehr Einfühlungsvermögen und verbessern so ihre soziale Kompetenz.
«Hunde lieben uns bedingungslos, sie akzeptieren uns ohne Wertung und unterstützen uns daher auf vielfältige Weise. Sie geben uns ein Gefühl von Vertrauen, Geborgenheit und Wärme, was die Motivation und Leistungsfähigkeit steigert.»
Nala in unserem Klassenzimmer zu haben, hilft den Kindern auch, etwas über Hunde im Allgemeinen zu lernen. Wenn wir zum Beispiel in den Park gehen, treffen wir oft auf Hunde, die ohne Leine herumlaufen. Wir bringen den Kindern bei, was zu tun ist, wenn sich ein ihnen unbekannter Hund nähert, und wie man einen neuen Hund zum ersten Mal begrüsst.
Nachdem ich vom Schulleiter grünes Licht bekommen hatte, sprach ich mit der Züchterin und bestätigte mein Interesse an einem Welpen. Es dauerte dann noch ein Jahr, in dem wir uns auf das Projekt vorbereiten und die Eltern informieren konnten. Zum Beispiel mussten wir für Nala im Klassenzimmer einen Raum schaffen, wo es ruhig ist und wo sie nicht gestört wird. Beim Elterninfoabend nahm ich Nala mit, damit die Eltern sie kennenlernen und Fragen stellen konnten.
Zudem durfte Nala erst Teil der Vorschulklasse werden, als meine Team-Lehrerin und ich sicher waren, dass sich die Kinder eingelebt und an unseren Tagesablauf gewöhnt hatten. Dies bedeutete, dass wir während der Eingewöhnungsphase der Kinder von Nala sprachen sowie Bilder und Videos von ihr zeigten. Zudem führten wir mit den Kindern auch diverse Aktivitäten zum Thema Hunde durch und übten unter anderem den Umgang mit Hunden anhand eines Plüschhunds. Als es an der Zeit war, Nala vorzustellen, kam sie zunächst nur für einen Vormittag zum Unterricht, als nur vier Kinder anwesend waren. Danach wurde Nalas Präsenzzeit sehr langsam aufgebaut. Dies war wichtig - sowohl für die Kinder als auch für Nala.
Wir haben einen sogenannten Nala-Kalender, damit die Kinder wissen, wann Nala in der Schule ist, ebenso wie ein Schild an der Tür, damit jeder, der das Klassenzimmer betritt, weiss, dass Nala anwesend ist. Wir haben auch Regelkarten eingeführt, um zu lernen, was richtiges und falsches Verhalten ist: Laufen oder gehen wir? Sind wir laut oder leise? Es ist interessant zu sehen, dass die Lautstärke im Klassenzimmer leiser wird, wenn Nala da ist. Wir sprechen darüber, wie sich die Kinder fühlen, wenn Nala etwas tut, und auch, wie Nala sich fühlt, wenn sie etwas macht. Diese Interaktionen steigern bei den Kindern Erfolgserlebnisse beim Erlernen von Empathie und das wenden sie auch bei den Interaktionen mit ihren Klassenkamerad*innen an. Die Kinder lernten zum Beispiel, dass es für Nala aufregend ist, wenn sie laut sind oder rennen und, dass das von einem Hund als spielerisches Verhalten angesehen wird. Das ist eines der Ziele: Jede Lernerfahrung mit Nala lässt sich auf andere Bereiche übertragen. Beim Erlernen der Hundekörpersprache lernen wir natürlich auch unsere Körpersprache kennen. Geduld und ständiges Wiederholen sind entscheidend – sowohl für die Kinder als auch für Nala.
In unserer Vorschulklasse hatten wir ein Mädchen, das Angst vor Hunden hatte. Ich musste das Mädchen genau im Auge behalten und beobachten, wie sie auf Nala reagierte. Wir haben den Kindern beigebracht, wie man mit Hunden umgeht, wie man sich mit ihnen verhält und dass es keinen Grund gibt, sich vor Nala zu fürchten. Ich lasse den Kindern immer die Wahl, ob sie sich Nala nähern wollen oder nicht. Als Ergebnis hat dieses Mädchen in meiner Klasse, das anfangs Angst hatte, jetzt keine Angst mehr. Es ist wunderbar zu sehen, wie sie jetzt mit Nala interagiert.
Eine weitere knifflige Situation war, dass wir nicht wussten, wie ein Kind, das eine Tierallergie hat, auf Nala reagieren würde. So hatte das Kind zunächst keinen Körperkontakt zu ihr. Nach zwei Wochen haben wir das Kind an das Streicheln und Leckerligeben gewöhnt. Die Eltern und ich haben dann die Situation eingeschätzt und wir können jetzt davon ausgehen, dass das Kind nicht allergisch auf Nala reagiert, was grossartig ist. Grundsätzlich sollte es auch keine allergische Reaktion hervorrufen zusammen mit Nala im Klassenzimmer zu sein, ohne mit ihr Körperkontakt zu haben.
Mein Hauptziel ist, dass wir einen 100% zuverlässigen Hund haben, welcher sich frei im Klassenzimmer bewegen kann, den Unterricht unterstützt und Dinge von den Kindern spüren kann, die wir nicht sofort mitbekommen. Nala kann dann möglicherweise selbstständig Trost spenden, indem sie sich zum Beispiel einfach neben das betroffene Kind setzt, um es zu beruhigen. Natürlich werde ich immer da sein, wenn Nala im Klassenzimmer ist, und die Kinder werden niemals alleine mit Nala interagieren.
Da die Kinder in diesem Alter auch emotional und sozial viel lernen, ist die positive Atmosphäre mit Nala eine wichtige Grundlage für das Lernen. Indem wir Nala in unserer Klasse haben, werden auch Bereiche gefördert wie Konzentration, Motivation, Partizipation, Empathie, Selbstvertrauen, Verantwortung (Grenzen setzen und akzeptieren) und Kommunikation (eine neue Sprache üben – ein Hund ist ein guter Zuhörer). Die Förderung dieser Aspekte hilft den Kindern, sich auf ihren nächsten Schritt – den Kindergarten – vorzubereiten.
Sie sehen, die aktuelle Vorschulgruppe wächst mit Nala auf. Die Kinder wissen, dass nicht nur sie lernen, sondern auch Nala. Diese Gruppe wird Nala helfen, ein Schulhund zu werden. Wenn die Kinder im August in den Kindergarten wechseln, sind sie natürlich immer herzlich eingeladen, Nala zu besuchen.
Herzlichen Dank für das spannende und informative Gespräch! Ich freue mich bereits heute auf ein Wiedersehen im nächsten Schuljahr.
WRITE A COMMENT
Your email address will not be published.